Wüstenbussard auf dem Falknerhandschuh
Weise Worte

Wie ich zur Falknerei kam

„Sharp is the kiss of the falcon’s beak.“
– Edward Bulwer Lytton

Ich hatte schon einmal erzählt, dass ich meine Begeisterung für Tiere und speziell Vögel meiner Oma mütterlicherseits verdanke. Der große Bruder meiner Mutter hatte sogar einen Uhu. Bei uns zuhause ging es aber zu meinem großen Leidwesen eher tierfern zu.

Doch vom Fenster meines Kinderzimmers aus konnte ich einen Mäusebussard beobachten. Auch der Drachen, den ich auf dem Feld nebenan steigen ließ, stellte einen Bussard dar, also wurde mir der Keim vielleicht damals schon eingepflanzt. Aber es gab nirgends in der Nähe eine Falknerei, weshalb ich ahnungslos blieb, wie viele sinnstiftende Möglichkeiten existieren, sich intensiv mit Greifvögeln zu beschäftigen. Und weil ich wie gesagt eher tierfern aufwuchs, war auch ich ein Opfer des Bambi-Syndroms und dachte sowieso nur an Tierquälerei und Mord, wenn von Falknerei die Rede war.

Erst als mich die Wölfe nach Ernstbrunn gelockt hatten, bekam ich endlich ein realistischeres Bild von der Vielfalt der Arbeit mit Greifvögeln. Denn immer wenn ich samstags mit dem Bus in nächstgelegene Kleinstadt zum Einkaufen fuhr, konnte ich auf einem nahen Hügel eine Burg sehen, deren Optik mich neugierig machte. Und manchmal kreisten dort riesige Vögel, die unmöglich echt sein konnten.

Es handelte sich um die aus diversen Filmen und Serien bekannte Burg Kreuzenstein (hier auch schon einmal erwähnt), die schnell zu einem meiner absoluten Lieblingsplätze wurde. Sie ist nicht nur optisch ein Augenschmaus, sondern auch Sitz eines sehr kreativen Cafés und einer ausgezeichneten Falknerei.

Gänsegeier
Gänsegeier „Vroni“, einer der bemerkenswert großen Vögel (Flügelspannweite zwischen 2,30 und 2,80 Meter), die regelmäßig über der Burg Kreuzenstein kreisen

Dort lernte ich, dass die moderne Falknerei weit mehr beinhaltet als die Beizjagd. Damit mich niemand falsch versteht: Die Beizjagd gehört nicht umsonst zum Weltkulturerbe, und ich empfinde diese Jagdform (und nein, Jagd ist leider nicht generell überflüssig) als die natürlichste. Auch weil die Vögel effizienter töten als so mancher Jäger mit Schusswaffe, der längst nicht immer perfekt trifft. Aber für mich sind ohnehin zwei andere Aspekte der Falknerei spannender: Die Natur- und Umweltbildung und ganz besonders die natürliche Pestkontrolle.

Viele wissen gar nicht, welche großartigen Dienste speziell trainierte Greifvögel da leisten, wo überhand nehmende Populationen diverser Nager oder in Schwärmen lebender Vögel zur Gefahr werden. Lebensmittellager und Flughäfen sind nur zwei Beispiele für solche Orte, und Gift beziehungsweise Schusswaffen kommen dort nun einmal nicht in Frage. Auch Bahnhöfe oder denkmalgeschützte Gebäude, wo große Mengen Taubenkot nicht nur unangenehm sondern auch schädlich für Bausubstanz und menschliche Gesundheit werden, profitieren von Falknern, die ihre Vögel dort ein bis zweimal die Woche fliegen lassen. Es muss nicht einmal ein Tier sterben, sondern es reicht bereits für eine erfolgreiche Vergrämung, dass die gefiederten Jäger dort immer wieder auftauchen.

Unser örtlicher Golfplatzbetreiber hat sich ebenfalls dafür entschieden, Kaninchen, Wühlmäuse und Maulwürfe vom exzessiven Durchlöchern seines Geländes abzuhalten, indem er regelmäßig einen Wüstenbussard patrouillieren lässt. Die Alternative wäre Gift gewesen, das nicht nur einen qualvollen Tod bedeutet, sondern außerdem in die Nahrungskette gelangt und somit letztlich die Population der pelzigen Buddler nur weiter antreibt, weil ihre natürlichen Feinde sterben.

Von all dem abgesehen sind die verschiedenen Greifvogelarten faszinierende Tiere, die aus der Nähe gesehen erst recht beeindrucken. Die leisen, weichen Eulen. Die unglaublich schnellen Falken. Die vielfältige Schönheit der Habichtartigen. Die ehrfurchtgebietenden Krallen und Gesichter der Adler oder die oft komisch anzusehenden Geier, die fauchen wie große Katzen. Es gibt so viel Wissenswertes über sie alle zu lernen, und als wichtige Elemente unserer Ökosysteme sind sie unbedingt schützenswert. Ich hoffe deshalb, dass die Falknerei etwas populärer wird. Natürlich nur, solange es nicht um Jagd als Freizeitvergnügen geht.

Danke für das Foto eines Wüstenbussards auf dem Falknerhandschuh, Alex Blajan

Kommentare deaktiviert für Wie ich zur Falknerei kam