blaues Badehäuschen
Weise Worte

Un autre monde est possible

„Ich denke, wir alle, die Dauerbewohner von Ærø, werden die Situation kennen, wenn wir die Insel verlassen. Es ist Donnerstag Morgen, und dann erstmal die eher langweilige Fährfahrt, dann tönt es aus dem Lautsprecher, die Fähre ist in ein paar Minuten im Hafen, dann ist es Zeit, ins Auto zu steigen und loszufahren, und dann ist es, als würde man einer völlig anderen Welt begegnen als der, die man gerade verlassen hat.“
– Christian Plum Bertelsen


Vielleicht ist das immer so, wenn man auf einer Insel zuhause ist? Ich habe es zum ersten Mal erlebt, als ich im Herbst nach Flensburg musste, um den VW-Bus zu verkaufen. Ich fuhr in Fynshav von der Fähre, und die Welt war anders. Die Straßen riesig, das Land weit, die Häuser größer und irgendwie moderner (aber mitnichten schöner), immer mehr Autos, die mit großer Eile unterwegs waren, und die Supermärkte weitläufiger als ein ganzes Dorf. Wenn ich sage, es fühlte sich an, als würde ich in die Zivilisation zurück kommen, dann trifft es das nicht richtig, aber ich hatte definitiv das Gefühl, in eine andere Zeit auf einen anderen Planeten zurück zu kehren. Es war wirklich schräg. Wenn ich von Ernstbrunn nach Wien fuhr, von Büttgen nach Köln oder von Bled nach Graz, war das nie so, nicht auch nur ansatzweise.

Ich dachte damals, dass das nur beim ersten Mal nach einem längeren Aufenthalt auf Ærø so ist. Und dass es vielleicht nur mir so ging, weil ich die zurückliegenden Monate wie in einem Kokon verbracht hatte, wegen der Sprache, und weil einfach alles noch fremd und neu und anders war. Aber offensichtlich kennen alle Bewohner der Insel dieses Phänomen und erleben es bei jedem „Landgang“ erneut. (Genau genommen landet man mit keiner Fährverbindung von Ærø auf dem Festland, sondern wieder auf einer Insel.)

Es gibt seit Jahren die Diskussion um eine Brückenverbindung von Fynshav nach Fyn. Es könnte sein, dass diese Brücke dann eine Ausfahrt Ærø mit sich brächte. Die Mehrzahl der Inselbewohner wehrt sich mit Händen und Füßen gegen diese Option. Sie würde alles verändern. Klar wäre es praktisch, wenn man den Rest der Welt in Nullkommanichts und ganz spontan erreichen würde. Eine Tierklinik, Fachmediziner, Outlets, meinetwegen auch einfach mal McDoof. Aber all das Unangenehme dieser anderen Welt würde dann auch in die Ærø-Welt hinein rieseln, unkontrolliert und unaufhörlich, wie ein schleichendes Gift. Allen voran die Menschen, die es schnell und bequem und billig haben wollen. Malle-Touristen und Massenware würden zum Alltag. Grauenhafte Vorstellung.

Die Brücke würde gut zehn Jahre viele neue Arbeitsplätze und saftige Aufträge für Unternehmen aus der Region bedeuten. Das zieht. Und wie wir wissen, hat Geld die Macht. Deshalb mache ich mir ein bisschen Sorgen. Aber bis es soweit wäre, fließt noch reichlich Wasser durch den Kleinen Belt.


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