
I was made for lovin‘ you
„Remembering the lyrics to every song from the 80’s,
but forgetting why you walked into the next room.“
Zusammen mit den Hausschlüsseln habe ich Corona bekommen. Nachdem ich schon dachte, ich sei immun. Mit Maske wäre das wohl nicht passiert, jetzt, da die Insel proppenvoll ist. Zur Strafe saß ich die letzten Tage inmitten von Spinnen und Gerümpel und fühle erst heute wieder einen Hauch von Kraft und Energie, um Staubsauger und Besen zu benutzen.
Wenn man zur Untätigkeit verdammt ist und dann mangels ernst zu nehmender Internetverbindung nicht einmal etwas zur Erbauung streamen kann, wiegt das Leid gleich doppelt schwer. Zum Glück fiel mir ein, dass ich mein altmodisches Antennenradio in den Bus gepackt hatte. Und tatsächlich hatte ich sofort nach dem Einschalten glasklaren Empfang. Es erklang ein dänischer Sender, und ich verstand kein einziges Wort. Aber es wird zum Glück nicht viel gesprochen. Stattdessen laufen rund um die Uhr die Hits der 70er und 80er. Wer jetzt denkt „Was für ein Albtraum!“, ist entweder zu jung oder zu alt oder gefühlskalt.
Es ist nämlich herrlich. Selbst zu den Liedern, die ich damals doof oder nervtötend fand, wippen jetzt die Füße. Aber die meisten Lieder muss ich offenbar mehr gemocht haben, als mir damals bewusst war – oder als ich zugeben wollte. Mein erstes Lieblingslied überhaupt läuft rauf und runter, aber auch das Lieblingslied, das alle Zeiten überdauern wird. Alle möglichen Soul Train Klassiker, alles von ABBA bis Barry White, die ganzen Dorfdisko- und Metalfetenhits von Kiss bis Black Sabbath. All die Titel, die auf meinen Ronny’s Pop Show Schallplatten waren, und selbst das grauenhafte Moonlight Shadow von Mike Oldfield, das damals als Running Gag in Mal Sondocks legendärer Hitparade monatelang auf Platz Eins gevoted wurde, obwohl es jedem längst zu den Ohren raus kam. Ich kann alles mitsingen. Zum Glück für die neue Nachbarschaft habe ich gerade keine Stimme.
Vielleicht hat es damit zu tun, dass einem Corona auf den Kopf schlägt. Oder dieser Effekt überrumpelt mich jetzt hinterrücks, weil ich nie zu diesen Ü30, Ü40 oder Ü50 Parties gegangen bin. Was ich jetzt fast ein bisschen bedaure. Aber nur fast.

