Unterwegs
Weise Worte

Etappenziel

„In life it’s not where you go. It’s who you travel with.“


Wie es aussieht, kann ich zumindest ein Thema, das mich in den letzten Monaten sehr umgetrieben hat, endlich zu den Akten legen. Weil ich mich bekanntermaßen mit Kompromissen schwer tue, war die Entscheidung für mein künftiges Auto ein gedanklicher Kraftakt.

Wie so oft im Leben wäre mit einem üppigen Budget alles ganz leicht gewesen. Aber da der Lottogewinn noch aussteht, war keine meiner Optionen auch nur ansatzweise zufriedenstellend. Nicht, weil ich eine Karosse mit Luxusausstattung oder ein Statussymbol gesucht hätte. Das brauche ich beides nicht. Aber ich möchte erstens zwei große Hunde nicht nur sicher sondern auch angenehm transportieren und zweitens ab und zu im Auto übernachten können.

Zwei große Hundeboxen und eine halbwegs ausreichende Liegefläche bekommt man eigentlich nur in einem Kastenwagen, einem VW-Bus oder einem vergleichbaren Gefährt unter. Sonst hapert es entweder an der Breite oder an der Höhe des Wagens. Ich hatte deshalb auch ein Dachzelt auf dem Schirm. Aber zu den Vorteilen dieser Lösung kommen auch ein paar empfindliche Nachteile. Bei Regen oder Kälte ist ein Dachzelt nämlich furchtbar ungemütlich. Und ein Exemplar, das groß genug wäre (denn ich möchte die Hunde nicht über Nacht allein im Auto lassen), ist umständlich auf- und abzubauen und braucht außerdem einen Untersatz mit hoher Dachlast und genug PS.

Wie ich schon einmal schrieb, habe ich mich ausführlich mit Hochdachkombis als Mikrocamper beschäftigt. Der Dacia Dokker war lange mein Favorit, nicht zuletzt wegen seines unschlagbaren Preises. Aber dieses Modell hätte tatsächlich nur mit Dachzelt oder bei Verzicht auf die Hundeboxen funktioniert. Doch dass die Hunde nur angeschnallt mitfahren, wollte ich auf keinen Fall. Auf einer langen Fahrt nach Österreich hatte sich die hampelige Tonks einmal eine Pfote im Gurtriemen eingeklemmt und mitten auf der Autobahn angefangen zu schreien wie am Spieß. So etwas brauche ich nicht noch einmal.

Zwischenzeitlich hatte ich auch überlegt, den Beifahrersitz auszubauen, um Platz zu gewinnen. Das Experiment hatte ich schon einmal gemacht, damals, als ich nur einen Hund hatte, in meinem winzigen Daihatsu-Roadster. Es war grundsätzlich prima, hat mir aber auch bewusst gemacht, wie unpraktisch es ist, nie einen Beifahrer mitnehmen zu können.

Ja, ich stelle offensichtlich eine ganze Menge Anforderungen an mein zukünftiges Gefährt und habe an einfach allem etwas auszusetzen. Aber meine Wünsche fühlen sich nicht wie Luxusansprüche an, denn ich suche nach einer möglichst simplen, schlichten Lösung, und mein „Notbett“ wird kaum mehr als eine Pritsche sein. Trotzdem ist mir im Laufe all meiner Überlegungen und Recherchen einmal mehr bewusst geworden, welch ein Luxus Hunde sind. Ganz besonders gleich zwei davon. (Diese Tatsache finde ich übrigens sehr traurig.)

In den letzten Monaten habe ich also Baupläne für Hundeboxen, Behelfsklappliegen und diverse DIY-Campingboxen gewälzt und hatte ständig einen Zollstock in der Hand und im Kopf. Ich kenne inzwischen jedes einzelne Minicamperausbau-Youtubevideo, und ich habe einigen der kreativen Bastler ihre detaillierten Anleitungen abgeschwatzt. Ich kann die Innenmaße sämtlicher Kompaktlieferwagen im Schlaf hoch und runter beten. Ich hatte zahlreiche höchst ärgerliche Gespräche mit unfreundlichen bis unverhohlen sexistischen Autohändlern. Und irgendwann habe ich es endlich eingesehen: Meine eierlegende Wollmilchsau gibt es einfach nicht. Entweder zu teuer oder zu viele Kilometer, Mängel oder Vorbesitzer.

So eine Einsicht ist frustrierend, wenn nicht sogar deprimierend. Allerdings kennen das Phänomen bestimmt viele: Hat man sich endlich damit abgefunden, wird plötzlich einer der zuvor verschmähten Kompromisse zu einer doch gar nicht so üblen Option. Und man findet auf einmal eine Lösung, die sogar ein fantastisches Überraschungsfeature in petto hat. Ich habe einen Vorvertrag für ein nicht perfektes, aber doch viel besser als erhofftes Auto unterschrieben. Damit geht es nun endlich mit Projekten weiter, die lange on hold waren. Das fühlt sich so befreiend an! Und vor allem ist in meinem Kopf auf einen Schlag ganz viel Platz frei geworden.

Danke für das Foto, Dimitar Donovski