
Die Wiederentdeckung der Langsamkeit
„The goal had been important only for the sake of finding the path to it.“
― Sten Nadolny | The Discovery of Slowness
Es ist mir keineswegs neu, dass ich nicht gut funktioniere, wenn man mich hetzt. Trotzdem habe ich mich lange hetzen lassen. Weil ich angenommen habe, dass die Welt das heutzutage eben erfordert. Dass nur der Schnellste gewinnt. Dass Quantität besser ist als Qualität. Dass langsam langweilig ist. Dass man irgendeinen ominösen „Anschluss“ verliert, wenn man nicht permanent Vollgas gibt. Ich hatte das – wie wahrscheinlich die meisten – so verinnerlicht, dass ich mich selbst gehetzt habe, wenn es kein anderer tat. Ich machte kaum etwas in meinem eigenen Rhythmus, mit entsprechend suboptimalem Ergebnis. Jedenfalls empfand ich das so.
Ein unangenehmer Nebeneffekt dieses Umstands ist, dass man bestimmte Dinge irgendwann gar nicht erst mehr anfängt. Weil man davon ausgeht, sowieso nicht genug Zeit zu haben, um sie wirklich „gut“ zu machen. Ich weiß, dass das vielen so geht, und die Welt wird dadurch ärmer.
Ich schreibe jetzt darüber, weil hier ein ganz anderer Wind weht. Man kann das überall sehen und spüren. Natürlich gibt es auch hier Stress und Hektik und Menschen, die sichtlich in Eile sind. Vor allem jetzt, da die Hauptsaison vor der Tür steht. Aber es ist kein Dauerzustand. Man merkt den Leuten an, dass sie Ruhe und Entschleunigung noch nicht verlernt haben. Zwangsläufig wahrscheinlich, denn die langen Wintermonate zwingen dazu.
Und weil diejenigen, die das nicht aushalten, weil sie permanent Action und Trubel brauchen, die Insel über kurz oder lang verlassen, ticken eigentlich alle, die noch hier sind, ähnlich. Deshalb funktioniert es so gut. Und deshalb funktioniere auch ich hier viel besser. Weil es passt.

