Blues Funeral
Weise Worte

Blues Funeral

Don’t you turn off my radio
Please don’t turn off my radio
Not with the rope still swinging
While eternity’s mouth is singing

– Mark Lanegan | Gray Goes Black


Es klingt blöd zu sagen, dass der Tag wegen einer ganz bestimmten Nachrichtenmeldung scheiße anfing, wenn diese Nachricht nichts mit der Lage der Welt, speziell im Osten Europas zu tun hatte. Doch eigentlich das Erste, das mir heute Morgen ins Bewusstsein schwappte und schließlich klare Formen annahm, die mir unmittelbar aufs Gemüt schlugen, war die Nachricht von Mark Lanegans Tod.

Ich habe neulich geschrieben, dass ich eigentlich keine Nachrufe und so weiter poste. Aber jetzt muss ich schon wieder gegen meine eigenen Regeln verstoßen. Denn Marks Musik begleitet mich schon mein ganzes Leben, oder zumindest seit ich den präpubertären Irrungen der 80er und dann der pubertären The-Cure-Anbetung entwachsen war. Natürlich liebe ich The Cure immer noch, aber Mark Lanegan verdanke ich den Soundtrack meines Lebens. Von der sehr lauten Phase mit den Screaming Trees und den Queens of the Stone Age über beinahe poppige Phasen, die legendären Duette mit Göttinnen wie PJ Harvey oder Isobel Campbell bis hin zu all den melancholischen, pathetischen und manchmal fast schmalzigen Singer-Songwriter-Experimenten – ich hab es alles gefühlt.

Die unverwechselbare Stimme, die verrotzte Bar-Poesie, eine authentische Ode an das Unperfekte. Ein bisschen wie Tom Waits. Nur ohne die übertriebene Inszenierung. Und mit mehr Herz im Ärmel, wenn man mich fragt. Eher Richtung Nick Cave. Wahre Liebe und echtes Interesse an Geschichten aus der Dunkelheit, die sich dann als hell erleuchtet entpuppen.

Es trifft mich, dass da nun nichts mehr kommen wird. Obwohl es, nüchtern betrachtet, an ein Wunder grenzt, dass Mark überhaupt so lange gelebt hat. Trotzdem kommt es mir wie ein Irrtum vor, ein Fehler in der Matrix, dass plötzlich etwas versandet, etwas, das mich doch bis zum Schluss hätte begleiten sollen. Ich werde mich einsam fühlen in einer Welt ohne Mark, glaube ich. Ein Gefühl, das mir eigentlich fremd ist.

Gerade habe ich mir „Devil in a Coma“ auf meinen Kindle geladen. Ich fürchte mich vor der Lektüre. Ich hatte das Buch bisher vermieden, weil ich nicht an das erinnert werden wollte, was mein Vater während des künstlichen Komas an der Beatmungsmaschine durchmachen musste. Aber vielleicht ist es an der Zeit.