Strandbyen Havn
Grimoire

Zwischen Bullerbü und Dawson’s Creek

Mit jedem Tag hier wird deutlicher, warum ich mich für dieses Dorf und dieses Haus entschieden habe. Es sind viele kleine und große Details, die sich zu etwas Speziellem zusammen fügen. Es ist mein persönlicher Remix aus Lieblingsplatz-Elementen, ganz im Sinne von Kirby Ferguson.

In der Vorauswahl aus der Ferne waren es die beiden Häfen, das kleine Wäldchen und ein altes Häuschen von 1914 mit neuem Dach und neuen Fenstern, das hoch genug über dem Meeresspiegel lag, um nicht schon in den nächsten zehn Jahren in der Ostsee zu versinken.

Aus der Nähe war es die Tatsache, dass ich aus gleich mehreren Fenstern auf Reetdächer blickte. Ich liebe Reetdächer, und wären Reetdachkaten nicht so viel teurer im Unterhalt und vor allem in der Versicherung, hätte ich selbst ein Haus mit Reetdach gekauft. Außerdem ist das Dorf geprägt von einer internationalen und sehr aktiven Community. Das erinnerte mich an Dörfles im österreichischen Weinviertel, wo ich noch vor ein paar Jahren beinahe in ein noch älteres Häuschen gezogen wäre. Jetzt bin ich froh, dass Fürst Reuss so stur war.

Reetdach mit Schmetterlingen
Blick aus meinem Küchenfenster

Mir gefällt, dass Marstal so nah ist und Ommel trotzdem so ruhig, weil es praktisch keinen Durchgangsverkehr gibt. Denn hinter Ommel kommt eigentlich nichts mehr außer ein paar einsamen Höfen und ganz viel Wasser. Dass einer der schönsten Strände der Insel in Ommelshoved, am letzten Zipfel dieses Inselabschnitts liegt, werden die Touristen hoffentlich nie erfahren.

Ich mag meine Nachbarn, die vor ihren Häusern kleine Stände mit selbstgemachten Marmeladen, Honig, Cremes, Seifen, Handarbeiten und Gartenprodukten aufgebaut haben. Ich mag die rote Katze, die glaubt, dieses Haus gehöre ihr, obwohl Gandalf sie jeden Tag aufs Neue von ihrem Irrtum zu überzeugen versucht.

Wenn ich mit den Hunden spazieren gehe, fühle ich mich entweder an Dawson’s Creek oder an Bullerbü erinnert. Die Idylle, die vielen großen und kleinen Boote, die üppigen Cottage-Gärten. Hühner und bunt gefleckte Ziegen mit Schlappohren spazieren durch die Straßen. Es ist eindeutig skandinavisch, und auch ein bisschen aus der Zeit gefallen. Im Strandbyen Havn glucken immer ein paar Anwohner zusammen und fachsimpeln über das Wetter oder die Lage der Welt. Sie organisieren ständig etwas: einen Flohmarkt, die Seekajakwoche der deutschen Salzwasserunion, Tagesausflüge auf eine der benachbarten Inseln oder die alljährliche Segelregatta.

Es gefällt mir hier. Es passt zu mir. Ich hoffe nur, dass es in den nächsten Jahren keinen Bauboom oder so etwas gibt, denn Ærø kommt gerade in Mode. Aber ausnahmsweise mache ich mir jetzt einmal keine großen Gedanken um die Zukunft.

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