Ostern naht
Grimoire

Wir kochen Eier

Seit Wochen wundere ich mich über zunehmend verzweifeltes Buhlen um Unterkünfte auf Ærø zu Ostern. Auch die Fähren mahnen mit täglich mehr Nachdruck zu frühzeitigen Ticketbuchungen. Dass es zu Ferienzeiten voll wird auf der Insel, ist klar. Aber Anfang April ist es noch sehr frisch, und die Saison startet erst viel später. Irgendwann dämmerte mir endlich, dass hier an Ostern offenbar etwas Besonderes vor sich geht, weshalb die Einheimischen niemals über Ostern wegfahren und die Weggezogenen alle zurück kommen.

Nun weiß ich auch warum. Es ist eigentlich unspektakulär, aber ich kann mir vorstellen, dass die merkwürdige Tradition für die Insulaner so bedeutsam ist wie für andere der intergalaktische Handtuchtag. Am Ostersamstag bleiben auf Ærø die Geschäfte und Museen geschlossen. In den Türen hängt dann ein Schild: „Vi koger æg!“ („Wir kochen Eier!“). Und das tun an diesem Tag wirklich alle. Nur nicht am eigenen Herd, sondern am Strand. Einheimische und Gäste aller Generationen treffen sich an den Stränden und kochen dort Eier in Meerwasser. Dazu werden Würstchen gegrillt und Geschichten erzählt. Natürlich fließt auch der eine oder andere Tropfen Alkohol. Wenn das Wetter halbwegs passt, zieht es sich über den gesamten Tag. Es ist eine einzige, große Eierparty, so typisch für die Menschen hier, die ein Talent dafür haben, aus einfachen Dingen etwas Besonderes zu machen.

Woher dieser Brauch kommt, weiß niemand so genau. Es gibt verschiedene Theorien, aber keine Belege. Elemente von Ostern, Springbreak und Beltane vermischen sich. Auf jeden Fall ist es etwas anderes als das typische Eiersuchen für Kinder oder die klassische Familienzusammenkunft an einem der höheren Feiertage. Ich bin sicher, dass es lustig wird.