Windtelefon in Arnis
Grimoire

Windtelefon

Passend zum aktuellen Wetter geht es hier heute um die wunderbare Idee der Windtelefone, von denen es hoffentlich zukünftig noch viel mehr geben wird. Meines Wissens nach sind es derzeit drei Stück. Eines steht auf der kleinen Insel Lyø in der dänischen Südee. Ein zweites befindet sich auf deutschem Boden, in Arnis an der Schlei. Aber das erste seiner Art wurde in Japan errichtet, genauer gesagt in Ōtsuchi, wo vor elf Jahren das verheerende Tōhoku-Erdbeben mit darauf folgendem Tsunami hunderte Opfer forderte.

In Japan ist es wie in vielen anderen fernöstlichen Kulturen Tradition, sich regelmäßig mit verstorbenen Angehörigen und Freunden zu unterhalten. Und als ein Mann namens Itaru Sasaki die Gelegenheit bekam, eine dieser schönen, nostalgischen Telefonzellen zu erwerben, stellte er sie kurzerhand in seinen Garten auf. Bestückt mit einem nicht minder nostalgischen Telefonapparat, der dort aber natürlich nicht angeschlossen werden konnte. Von diesem nicht auf konventionelle Art funktionierendem Apparat aus „telefonierte“ Itaru Sasaki fortan mit seinem verstorbenen Cousin.

Als nach der Katastrophe von 2011 viele Menschen in seiner Nachbarschaft jemanden verloren hatten, öffnete Herr Sasaki seinen Garten und sein besonderes Telefonhäuschen auch für andere Leute aus der Umgebung. Mittlerweile ist sein „Windtelefon“, wie es die Japaner nennen, ein regelrechter Wallfahrtsort geworden. Und das Prinzip sprang nach Dänemark, Deutschland und sicher längst auch ein paar weitere Länder über, wo nun ehemalige Telefonzellen mit Retro-Apparaten und offensichtlich losen Kabeln in idyllischer Umgebung Gelegenheit für ganz besondere Gespräche bieten. Ich finde das toll und werde zukünftig sicher öfter mal von Lyø aus telefonieren, denn der Büttger Friedhof ist dann zu weit weg.



Danke für das Cover-Foto vom Windtelefon am Schleistrand in Arnis, Nils H. Altner (CC BY-SA 4.0)