Traumtagebuch anno dazumal
Am Wochenende wurde bei einem Besuch der Burg Kreuzenstein eine meiner Bildungslücken geschlossen. Oder vielmehr: Ein Irrglaube wurde korrigiert. Es ist ein bisschen peinlich, aber ich war immer davon ausgegangen, dass Türen, Mobiliar und so weiter früher viel kleiner waren als heute, weil die Menschen kleiner waren. Jetzt weiß ich endlich, dass zumindest die Betten im Mittelalter aus anderen Gründen so erstaunlich kurz waren. Weil man nämlich im Sitzen schlief. Zum Einen, weil man in der kalten Jahreszeit praktisch immer erkältet war, und im Sitzen bekam man besser Luft. Zum Anderen herrschte aufgrund grassierender Epidemien wie der Pest eine gewisse Paranoia, man könnte irrtümlich für tot gehalten und eilig entsorgt werden, wenn man bewegungslos und mit geschlossenen Augen da lag.
Leider durfte in den Innenräumen der Burg nicht fotografiert werden. Denn das kunstvolle Holzhimmelbett in Hobbitformat, in dem die hohen Herrschaften früher schliefen, hatte neben einem gut versteckten Geheimfach noch ein weiteres interessantes Feature: Eine „Traumtafel“. Eine kleine Schiefertafel hinter einem hübsch geschnitzten Türchen, auf der man gleich nach dem Aufstehen notieren konnte, was einem im Traumland widerfahren war. Und ungefähr einmal im Monat kam ein Traumdeuter, der versuchen musste, möglichst positive Zukunftsaussichten in diese Notizen hinein zu interpretieren.
Ich finde so ein eingebautes Traumtagebuch genial, und ich wundere mich fast ein wenig, dass IKEA etwas in der Art noch nicht im Angebot hat. Man kann es schließlich auch zweckentfremden – für alle möglichen Arten von Notizen, Skizzen, Nachrichten…