Timberwolf Etu schläft im Schnee
Grimoire

Touch the heart to teach the mind

Die Welt ist nicht schwarz-weiß, und alles hat mindestens zwei Seiten, weshalb es nicht immer einfach ist, sich eine klare Meinung zu bilden und diese uneingeschränkt zu vertreten. Mir geht das zum Beispiel beim Thema Haltung von Wildtieren in Gefangenschaft so.

Viele Menschen lehnen Zoos und Wildparks rundweg ab, und ich kann ihre Argumente fast ausnahmslos nachvollziehen. Trotzdem sehe ich die Sache differenzierter, denn ohne diese Einrichtungen wären einige Tierarten längst ausgestorben. Und was noch viel wichtiger ist: Zoos und Wildparks leisten einen unersetzlichen Beitrag zur Natur- und Umweltbildung und damit zu einem verantwortungsvollen, bewussten und wertschätzenden Verhältnis zu Tier und Natur. Ohne dies wäre unser Planet bereits jetzt ein für alle Mal verloren.

Jungle Jack, ein besonders in den USA berühmter Zoodirektor, prägte den Satz, den sich heute viele Zoos auf die Fahne schreiben: „Touch the heart to teach the mind.“ Wenn man es schafft, Menschen emotional zu berühren, öffnet man Tür und Tor für echtes Interesse, Lernbereitschaft und die Chance, eine gefasste Meinung zu ändern. Jedem Marketer ist dieses Prinzip wohlbekannt, aber eine Dosensuppe oder ein Deospray berührt das Herz nicht so wie die unmittelbare Nähe zu einem Wildtier. Denn das lässt sich schwer in Worte fassen und gehört deshalb zu den Dingen, die ich gerne als „Magie“ bezeichne.

ein Kuss von Jungwolf Maikan
Jungwolf Maikan wünscht mir Frohe Weihnachten

Natürlich gibt es leider auch sehr schlecht geführte Zoos, Wildparks, Auffang- oder Forschungsstationen, die Wildtiere halten. Manchmal sogar Privathaushalte. Aber die Mehrzahl dieser Institutionen nimmt ihre Verantwortung um Tierwohl, Artenschutz und Bildungsauftrag sehr ernst und erfüllt sie mit großer Leidenschaft und Hingabe.

Mädchen mit Sikahirsch
Ein kleines Mädchen füttert einen Sikahirsch im Ernstbrunner Wildpark

Ein Quäntchen Bedauern bleibt dennoch, wenn ich nicht domestizierte Tiere in Gefangenschaft sehe. Trotz all der besonderen Momente, die ich beobachten oder selbst erleben konnte. Sowieso schlägt nichts die Begegnung mit einem normalerweise im Verborgenen lebenden Wildtier in freier Wildbahn. Doch solche Chancen werden immer rarer werden und schließlich ganz verschwinden, wenn es auf der anderen Seite keine Zoos und Wildparks gibt, die mittel- und unmittelbar für den Erhalt der Biodiversität Sorge tragen. Und dann werden wir völlig entfremdet von der Natur (einschließlich unserer eigenen) sein.

Ich weiß, dass das vielen egal ist, weil sie (wie die Corona-Krise täglich deutlich zeigt) nicht weiter als um die nächste Ecke denken wollen oder zu wenig Phantasie haben, um sich das Bild in allen Konsequenzen auszumalen.
Aber noch gibt es Hoffnung.

Timberwolf Chitto mit Studentinnen am Wolf Science Center
Timberwolf Chitto mit Studentinnen am Wolf Science Center

(Ich habe für diesen Beitrag ein paar alte Handyfotos heraus gekramt und bitte um Nachsicht wegen der schlechten Bildqualität.)