Teddy
Grimoire

Teddys Charme

Ed Sheeran macht eigentlich nicht die Art Musik, die mir normalerweise gefällt. Ich würde ihn eher Popstar als Rockstar nennen. Obwohl man ganz klar sagen muss, dass er bewiesenermaßen jedes Genre beherrscht und offenbar auch fast jedes Instrument. Was er ausprobiert – und er probiert alles aus -, wird zu Gold, ähnlich wie bei Pharrell Williams.

Ich bewundere sein offensichtliches musikalisches Genie, seine Vielseitigkeit, seine unerschöpfliche Kreativität, die Furchtlosigkeit, mit der sich immer wieder in etwas ganz Neues stürzt. Und einige seiner Songs liebe ich. Obwohl sie so zuckerpoppig sind, dass ich sie eigentlich fürchterlich finden müsste.

I See Fire, der End-Credit-Titel des zweiten Hobbit-Films Smaugs Einöde, ist eine der besten, kitschfreien Balladen ever, und Shape of You ist für mich der beste Popsong aller Zeiten. Erst hielt ich das Lied für ein typisches Produkt männlicher Oberflächlichkeit. Trotzdem musste ich das Radio jedes Mal lauter drehen, wenn es angespielt wurde. Und inzwischen weiß ich auch, worüber Ed da wirklich singt. Ich habe mich nämlich schlau gemacht. Nicht nur über Shape of You, sondern über Ed „Teddy“ Sheeran allgemein.

Seitdem bin ich verliebt. Ich hatte immer schon eine Schwäche für rothaarige Männer, aber Eds Charme ist besonders. Er umgibt ihn schon bei den Aufnahmen seiner (erfolglosen) Audition für Britannia High, als er gerade mal 16 Jahre alt war. Und man spürt ihn bei seiner berühmten Rede, in der er von seiner Kindheit und Jugend als stotternder Weirdo erzählt. Man kann im Grunde jedes Interview mit ihm ansehen und muss diesen Typen einfach lieben.

Ed wird nie genug Tattoos haben, um seine Jungenhaftigkeit abzuschütteln. Er ist irgendwie niedlich, was angesichts all seiner Erfolge und Erlebnisse absurd erscheint, denn mit so viel Geld und Einfluss ist niemand mehr niedlich. Deshalb habe ich immer eine Art Dorian-Gray-Assoziation, wenn ich ihn sehe. Aber das passt auch wieder nicht so richtig, denn schließlich gehört Ed nicht zu den Beautiful People und will das auch gar nicht. Gott sei Dank. Er würde sonst womöglich zu einer ähnlich furchtbaren Kreatur wie Galadriel, wenn sie den Einen Ring an sich genommen hätte.

Dass ich Ed Sheeran heute einen ganzen Post widme, liegt an seiner neuesten Single. Die ist poppiger als alles, was er bisher gemacht hat, und sie klingt nach extrem viel Studiobearbeitung mit extrem viel technischem Schnickschnack. Aber ich liebe sie. Ich habe irgendwo gehört, dass er unbedingt etwas Fröhliches machen wollte, weil in der Coronazeit so viel deprimierte Musik entstanden ist. Natürlich ist es ihm gelungen. Wie immer. Jemand hat den Song ganz oft hintereinander gebastelt, um ein einstündiges Video daraus zu machen. Danke dafür.

Ich hoffe, dass ich noch erlebe, was für Musik Teddy mit 50 Jahren macht. Hoffentlich gibt keiner von uns beiden vorher den Löffel ab.



Danke für das Foto, LeeAnn Cline