
Seifenopern im Frack
Eigentlich sind Pinguine monogam. Eigentlich. Denn mit der Treue nehmen sie es nicht immer so genau, zum Beispiel, wenn mal einer der Partner zu spät nach Hause kommt.
Schon vor vier Jahren sorgte ein blutrünstiges Video des National Geographic für Furore. Und jetzt beweist ein köstlich illustriertes Chart des Aquariums in Kyoto, dass die zahlreichen amourösen Dramen der niedlichen Frackträger so manche Seifenoper blass aussehen lassen. Vor allem, wenn sie in Gefangenschaft leben, scheinen sich die Pinguine das Leben mit Promiskuität und Intrigen zu versüßen. Shakespeare hätte seine Freunde an ihnen gehabt. Einige der watschelnden Kandidaten haben ein deutlich unterhaltsameres Liebesleben als es die Regenbogenpresse diversen C-Promis unterstellt.
Das Chart des Aquariums ist wirklich witzig gemacht, und es erinnert mich daran, wie leicht man die Besucher des Wolfsforschungszentrums mit Anekdoten von den zwischenwölfischen Beziehungen begeistern konnte. Wieso sind wir Menschen eigentlich so empfänglich für die emotionalen Verwirrungen und Verirrungen anderer? Psychologen sagen dazu, dass Schwierigkeiten und Widrigkeiten die Würze des Lebens sind, mit denen wir alle bestens vertraut sind. Wenn wir sie aus der Distanz (also an anderen) beobachten können, haben wir ihren Geschmack im Mund, ohne selbst wirklich leiden zu müssen.
Deshalb sind Geschichten, wie simpel und trivial sie auch sein mögen, nicht nur reiner Eskapismus und billiges Entertainment. Im Spannungsfeld von Identifikation und Fremdbeobachtung können wir auch lernen, was uns am besten schmeckt.
Danke für das Foto, Cara Fuller

