
Samhain-Rituale
Ein Spaziergang zu den Frauensteinen im Aaper Wald gehört mittlerweile zu meinen regelmäßigen Hunderunden, denn zu wenig Wald wirkt auf meine Laune wie Unterzucker auf den Körper.
Es ist zu jeder Jahreszeit schön an diesem Ort, und es ist ein wenig schräg, zu beobachten, was dort vor sich geht. Fast jedes Mal trifft man auf skurrile Leute, und es liegen immer kleine Geschenke dort: Münzen in Astlöchern, kleine Figuren, Blumen, bemalte oder natürlich schöne Steine, Obst oder Nüsse in Nischen oder an anderen nicht allzu offensichtlichen Stellen. Ich hinterlasse meistens auch eine Kleinigkeit. Eine Münze oder eine Nuss, manchmal auch nur einen besonders schönen Tannenzapfen oder einen Stein, den ich unterwegs gefunden habe.
Als ich an diesem Wochenende dort ankam, war jemand wesentlich großzügiger gewesen und auch sehr viel plakativer. Einer der größeren Steine und der Stumpf der im letzten Jahr gefällten großen Eiche waren geschmückt mit Blumen, Obst und Gemüse. Trauben, Feigen, Äpfel und zerteilte Kürbisse lagen zwischen Efeuranken und bunten Blüten. Alles sah noch frisch aus. Sicher hatte irgendeine Gruppe ein spätes Mabon und vorgezogenes Samhain gefeiert.
Während ich ein paar Fotos machte, erschienen ein ca. zehn Jahre alter Junge und sein Vater auf der Lichtung. Der Junge war sichtlich irritiert von dem Anblick. „Was soll das? Ich verstehe es nicht.“ fragte er mich, aber mir fiel auf Anhieb keine angemessene Erklärung für ein fremdes Kind ein. Also sagte ich nur, dass es bestimmt Dekoration anlässlich Erntedank oder Futter für die Tiere sei. Allerdings schien diese Antwort für das Kind auch keinen rechten Sinn zu ergeben, und sein Vater wich sowohl meinem Blick als auch dem seines Sohnes aus.
Ich denke, dass ich nächsten Samstag auch mal eine etwas größere Opfergabe bei den Steinen deponieren werde. Nichts auffallendes, das ist mir ein bisschen zu pathetisch. Aber irgendetwas besonderes. Schließlich ist in diesem Jahr sogar Vollmond zu Samhain, und der „Día de los Muertos“ hat 2020 auch eine spezielle Bedeutung für mich gewonnen.

