Fishermens' friend
Grimoire

Ommel Rat Pack

In meiner Nachbarschaft gibt es eine Gruppe Männer, deren für mich völlig undurchsichtige Umtriebe ich mit (platonischer) Neugier und einiger Belustigung (im positiven Sinne, denn es ist oft unterhaltsam) beobachte. Ich nehme an, dass sie in ihren frühen Dreißigern oder Vierzigern sind, vielleicht auch jünger, sie haben zum Teil lange Bärte, was die meisten Männer älter aussehen lässt. Es sind aber keine Hipster, dazu sind sie viel zu individuell. Wahrscheinlich sind sie hier aufgewachsen. Alles an ihnen sagt deutlich: „Das hier ist mein Revier!“

Es ist offensichtlich, dass sie etwas von Schiffen aller Art und von der Seefahrt verstehen. Sie lungern oft in einem der beiden Häfen dieses Ortes herum. Meistens in Kleven, wo neuerdings auch Dreimaster anlegen können, dafür haben sie gesorgt. Aber ich sehe sie auch an Häusern, Autos, landwirtschaftlichen Maschinen oder in Gärten herumhantieren. Sie können scheinbar alles. Nicht nur Handwerkliches, ich habe sie auch schon Hightech durch den Ort tragen sehen. Vor allem aber, und deshalb bin ich oft amüsiert, machen sie Dinge, die man eigentlich nicht tut und zwar mit der größten Selbstverständlichkeit. Was hier vielleicht üblicher ist, als ich es gewohnt bin, weil äußerst selten Polizei auf der Insel ist. Und wenn doch mal ein Polizist von Fyn aus übersetzt, wissen sie es garantiert als erste.

Meistens werde ich wegen ungewöhnlicher Motorengeräusche auf sie aufmerksam. Dann kommen sie zu zweit auf einem eigentlich für eine Person vorgesehenen, motorisierten Zweirad Marke Eigenbau vorbeigeschossen, natürlich ohne Helm, dafür mit fliegenden Bärten, dicker Wollmütze und Glimmstengel im Gesicht. Kürzlich, bei der abendlichen Gassirunde im Stockdunkeln, konnte ich deutlich einen sich rasch nähernden Traktor hören, aber in Sicht kam nur ein schwaches, wackelndes Lämpchen. Tatsächlich waren die Scheinwerfer des klapprigen Treckers wohl defekt, weshalb er von zwei nicht minder klapprigen Fahrrädern eskortiert wurde, eins vorne, eins hinten. Woanders wären das Autos mit Warnblinkern oder gar Blaulicht gewesen. Gestern kam ein alter Kutter an meinem Fenster vorbei, auf einem mit Sicherheit nicht dafür vorgesehenen Anhänger, weshalb auf jeder Seite ein Rauschebartmann ging, um dem schwankenden Ungetüm beruhigend die Hand aufzulegen.

In Ommel ist ja außerhalb der Sommersaison nicht viel los, und seit Anfang November fühlt es sich hier zuweilen wie ausgestorben an. Aber dieses illustre Grüppchen sorgt zuverlässig dafür, dass fast jeden Tag irgendetwas Unvorhergesehenes passiert. Etwas, das meist mit Lärm, manchmal aber auch mit Gestank, in der Regel Brandgeruch, einher geht. Ich hoffe, das bleibt weiterhin so, selbst wenn Mitte Dezember die Kneipe des Ortes dicht macht.