
Krieg und Frieden
„Zudem korreliert im Gegensatz zum klassischen Ideal äußerliche nicht mit seelischer Schönheit, sondern das innere Licht erleuchtet erst die menschliche Gestalt.“
Wikipedia über Krieg und Frieden
Leo Tolstois großen Klassiker „Krieg und Frieden“ kennt wohl jeder, auch die weniger Literatur-Begeisterten. Immerhin wurde das Werk unzählige Male mit viel Aufwand und namhafter Besetzung verfilmt. Zuletzt hat das der BBC getan, und die Nostalgie hat mich getrieben, mir die Serie anzuschauen.
Ich weiß nicht mehr, wie alt ich war, als ich Krieg und Frieden zum ersten Mal im Fernsehen sah. Es war die Zeit, als das TV-Programm noch sehr begrenzt war. Meine ganze Familie und eigentlich jeder, den ich kannte, guckte es sich mit großer Begeisterung an. Ich erinnere mich besonders an die traumhaften winterlichen Landschaften, an eine schmerzhafte Romantik, die ich noch heute mit Russland verbinde, und daran, dass mein Vater so begeistert von der Figur des Pierre war, was jedem sonderbar vorkam, weil er das totale Gegenteil von ihm zu sein schien.
Die BBC-Serie ist anders als das, was ich von damals noch im Kopf habe. Und sie ist weniger nah an Tolstois Originalwerk, wie ich finde. Trotzdem gefällt mir, was ich sehe. Allerdings hege ich den Verdacht, dass das zu einem nicht unerheblichen Teil an dem wie immer großartigen Tom Burke liegt, dem der BBC die Rolle des Fedja Dolochow zugeteilt hat. Er erinnert mich stark an jemanden, in den ich mit Anfang 20 lange sehr verliebt war. Nicht vom Aussehen her – Burke ist viel größer und dunkler -, aber von der Mimik, der Haltung und vor allem der Bewegung.
Wenn man gerade dem Teenageralter entwachsen ist, ist die klischeehafte Faszination für Bösewichte mit ab und zu aufblitzendem gutem Kern, den das Leben aber ganz sicher bald endgültig verschütten wird, so gerade noch verzeihlich. Deshalb hat es mich überrascht, was ein unerwarteter Flashback auslösen kann, obwohl man längst nicht mehr anfällig für dieselben Dinge ist. Ist das auch Nostalgie? Oder doch eine Hormonruine, die im Winter wieder zutage tritt, wenn sich das Grünzeug etwas zurück zieht?
Danke für das Foto, Vera Gorbunova

