Grimoire

It begins with…

…absence and desire.

Was hier noch fehlt, und was ich eigentlich längst einbinden wollte, sind Buchempfehlungen. Hauptsächlich Fiktion, aber nicht nur. Denn ich stimme Albus Dumbledore vollumfänglich zu, der – ich glaube in „Die Heiligtümer des Todes“ – gesagt hat:

„Words are, in my not so humble opinion, our most inexhaustible source of magic.“

Damit sind selbstverständlich nicht nur einzelne Worte wie Abrakadabra, klassische Zauberformeln, kabbalistische Schriften, rhetorische Meisterstücke oder die Gedichte eines W.B. Yeats gemeint. Epische Geschichten entfalten ihre ganz eigene Magie, und jede Leseratte wird bestätigen, dass gute Bücher (gutes Storytelling in Filmen, Serien, Adventure Games) Zeitreisen und Teleportation möglich machen.

Weil es so schön zu einem Auftakt passt, beginne ich mit dem ersten Band einer Trilogie, der ich auch die Überschrift entliehen habe:

A Discovery of Witches
(dt. Die Seelen der Nacht)

Den zweiten und dritten Teil habe ich noch nicht gelesen, und ich ringe noch mit mir, ob ich das wirklich nachholen möchte.

Teil 1 fängt richtig gut an, auch wenn einen die Geschichte mehr als einmal an Twilight für Twens denken lässt. Die Wissenschaftshistorikerin Diana Bishop beschäftigt sich mit alchemistischen Schriften und stößt in der Bodleian Library der Universität Oxford auf eines der Manuskripte aus der Sammlung des Alchemisten Elias Ashmole. Nummer 782. Es ist verhext. Und das ist ein Problem für Diana, weil sie eine Hexe ist, aber sich schon als Kind geschworen hat, ihre magischen Fähigkeiten zu ignorieren. Ihre Eltern wurden nämlich grausam ermordet, weil sich Menschen vor ihnen fürchteten. Jedenfalls glaubt Diana das.

Ashmole 782 setzt Energien frei, als Diana es öffnet und noch einmal, als sie es kurzerhand wieder zurückgibt, ohne sich näher mit dem Inhalt zu befassen. Doch es stellt sich schnell heraus, dass eine Menge anderer Leute – Hexen, Vampire und Dämonen – ganz scharf auf Ashmole 782 sind und – im Fall der Vampire – schon seit Jahrhunderten danach suchen. Die Hexen glauben, dass es ihnen gehört. Und dass in dem Buch nicht nur steht, wie Hexen, Dämonen und Vampire entstanden, sondern auch, wie man Vampire vernichten kann. Das ist einer der Gründe, warum die Vampire es gerne vor den Hexen finden würden. Die Dämonen wiederum wünschen sich mehr als alle anderen zu erfahren, warum sie überhaupt existieren.

Diana, die das Buch nichts ahnend aus dem Magazin der Bibliothek aufgerufen hatte, hat deshalb auf einmal die Aufmerksamkeit von sehr vielen mächtigen Geschöpfen, und sie wird erst bedrängt und schließlich auch bedroht. Ausgerechnet ein Vampir, der charismatische Matthew Clairmont, wird zu Dianas Beschützer, obwohl auch er Ashmole 782 unbedingt in die Finger bekommen will. Und es scheint, als wäre die Verbindung von Diana und Matthew (Alchemie womöglich?) irgendwie wichtig für die Suche und Entschlüsselung des Manuskripts. Dummerweise sind Beziehungen zwischen Hexen und Vampiren streng verboten. It’s complicated…

Viel mehr zur Story möchte ich gar nicht verraten. Die Seelen der Nacht ist schön geschrieben, atmosphärisch dicht – Oxford im Herbst und später ein altes französisches Landgut schaffen einen sehr passenden Rahmen für staubige, alte Bücher und eine nicht uninteressante wissenschaftliche Theorie um die mitochondriale DNA und unsere sieben Ur-Evas. Man merkt, dass die Autorin fundiertes Wissen hat, weshalb die Geschichte trotz Hexen, Vampiren und Dämonen nicht völlig absurd wirkt. Und genau hier kommt mein persönlicher Kritikpunkt: Ungefähr nach der ersten Hälfte des Buchs entwickelt Diana in Rekordzeit die ausgefallensten Superkräfte, und die altbekannte Auserwählten-Story erlebt ihren drölfzigsten Wiederaufwasch. Erinnerte mich an Neo, der im zweiten Teil der Matrix-Reihe wie Superman mit einem albernen Cape durch die Wolken zischt. Für meinen Geschmack etwas platt, und mein Interesse an den weiteren Entwicklungen ließ angesichts so viel Vorhersehbarkeit deutlich nach.

Das Buch wurde 2011 erstveröffentlicht, es ist also nicht neu. Aber erst seit ein paar Wochen läuft eine Serie auf Sky, die auf den Romanen der All-Souls-Trilogie basiert. Bis jetzt (ich bin bei Episode 5) sieht es erfreulicherweise so aus, als würde die Serie besser machen, was mir das Buch vergällt hat. Kann sein, dass das Budget einfach nicht für überzogene Szenen gereicht hat, was in diesem Fall ausgesprochen erfreulich ist. Daher: Klare Empfehlung für die Serie, eingeschränkte Empfehlung für das Buch.

Hier gehts zum Trailer für A Discovery of Witches. Was fürs Herz und vor allem auch fürs Auge.