
Eine Vision ist mehr als nur ein Bild
Einer meiner Lieblings-Instagram-Accounts zur Zeit ist der der Faröer-Inseln. Heute Morgen sprang mir im Feed ein Foto von typisch schwarzen Holzhäusern mit grasbewachsenen Dächern ins Auge, von denen aus man einen Blick über den Sund auf die gegenüberliegende, nebelverhangene Steilküste hatte. Für einen Moment überlegte ich, wie das wohl sein müsste, jeden Tag so einen Ausblick zu haben.
Was würde es ändern, wenn man im Vergleich zu einer Faröer-Landschaft täglich auf die Straßen der Reihenhaussiedlung einer Pendlergemeinde gucken würde? Oder auf den Hinterhof eines Mehrparteienmietshauses im Bahnhofsviertel einer deutschen Großstadt. Vom Balkon am Hauptplatz eines Dorfs im niederösterreichischen Weinviertel aus auf die Kirche. Von einer Dachterrasse im ersten Bezirk von Wien auf den Dom – oder alternativ in Wien-Favoriten auf den Hauptbahnhof. Vom Garten einer italienischen Villa auf die toskanischen Hügel. Was macht das mit einem?
Es ist bekannt, dass das Umfeld prägt. Aber natürlich ist das Umfeld viel mehr als nur die Landschaft vorm Fenster. Auf Faröer trifft man durchschnittlich vielleicht 10 verschiedene Menschen im Jahr, wobei „verschieden“ dann auch noch einmal etwas anderes ist, als die Verschiedenheit von Tausenden Personen, denen man auf dem Brunnenmarkt von Ottakring über den Weg läuft. Auf Faröer spricht man eine Sprache mit Elementen mehrerer skandinavischer Sprachen. Kein Vergleich mit dem Babel Berlin oder Paris.
Wie stark Sprache das Denken beeinflusst ist noch einmal eine Ebene über das reine Umfeld hinaus. Mit Sprache kann man sein Gehirn regelrecht umprogrammieren. Ich bin sicher, dass das auch mit Bildern geht, die man dauerhaft vor Augen hat, so wie den täglichen Blick aus dem Fenster. Sich umprogrammieren. Neue Software installieren. Updates. Auch deshalb ist ein Visionboard so effektiv. Aber besser wirkt es, wenn man die Bilder innerlich mit einer ganzen Welt verknüpft. Sich die Geräusche vorstellt, die Gerüche, das Licht, die Empfindungen auf der Haut. Wahrscheinlich nennen viele es deshalb auch lieber Dreamboard als Visionboard.
Danke für das Foto, David Dvořáček

