
Ein Traumhaus für Albträume
Auf der Suche nach meinem zukünftigen Domizil vergnüge ich mich gerade auf diversen Immobilienplattformen. Ich sage „vergnügen“, obwohl die Suche nach Wohnraum aktuell eigentlich überhaupt nicht komisch ist. Aber man findet immer mal wieder ein paar skurrile oder unterhaltsame Angebote, die aus dem allgemeinen Trauerspiel heraus stechen.
Heute bin ich auf ein wunderschönes, altes Haus in der Nähe von Åbenrå gestoßen. Es handelt sich um ein reetgedecktes Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert mit einem herrlichen Garten, der jeden Cottagecore-Fan zum Weinen brächte. Allein schon das Gewächshaus, das wie eine Miniatur des Wiener Palmenhauses aussieht, hat mir die Tränen in die Augen getrieben. Das Grundstück liegt nur ein paar hundert Meter von der Ostseeküste entfernt, und der Preis ist ein Witz – für deutsche Verhältnisse sowieso.
Der niedrige Kaufpreis erklärt sich, wie man schon ahnt, sehr schnell aus der unglücklichen Kombi von Sanierungsbedarf und Denkmalschutz. Aber meine Begeisterung wurde schon vorher wacklig, nämlich als ich die komplette Objektbeschreibung las, in der von der aufregenden Geschichte des ehemaligen Gasthofs die Rede ist. Unter anderem war dort zu lesen, dass die Mauern des Hauses zum Teil aus Steinen eines benachbarten Schlosses errichtet worden waren. Wie cool!, dachte ich. Aber dann kam es: „Das Treppenhaus aus Granit besteht aus ehemaligen Grabsteinen. Stellenweise kann man sogar noch Teile der Gravuren erkennen.“
Eigentlich finde ich das sensationell. Aber andererseits betrachte ich es auch als Frevel, Grabsteine für profane Zwecke zu recyceln. Ich erinnere mich nur zu gut an die Runen-Inschrift am Bug des Steinschiffs von Glavendrup, das gar nicht mal so weit von Åbenrå entfernt ist.
Es zählt zu meinen größten Ängsten, irgendwann mal in einem „Geisterhaus“ schlafen zu müssen. An einem Ort, um den sich Spukgeschichten ranken, oder wo jemand unter fragwürdigen Umständen ums Leben kam. Das alte Forsthaus des Wolfsforschungszentrums, über das es viele unheimliche Geschichten zu erzählen gibt, war für mich schon grenzwertig, wenn ich im Winter abends noch lange allein arbeitete. In meiner Wohnung in Wien hatte mein Vormieter tagelang tot an seinem Computer gesessen, und hätte ich das früher gewusst, wäre ich nie dort eingezogen. Ein Haus, in dem Grabsteine verbaut sind, wäre ein absolutes No-go für mich. Was schade ist, denn es ist wirklich eine Perle. Aber eine Perle mit einem Fluch darauf. Nej tak.
Danke für das Foto, Badiuth

