Fliesen streichen - ein Horror
Grimoire

Don’t paint it black

Was hab ich es vor mir her geschoben: Das Streichen des Badezimmers. Fliesen zu streichen ist so ein Aufwand. Wegen der Vorbehandlung und der Trocknungszeit von erstem Anstrich, zweitem Anstrich und Versiegelung zieht sich das Ganze über mehrere Tage, an denen man das Bad nicht benutzen kann. Ich hasse es. Und nachdem eine solche Aktion damals in Wien noch nicht einmal die erhoffte Verbesserung in Sachen Ästhetik gebracht hatte, war meine Motivation gleich Null.

Aber das Bad in diesem Haus ist wirklich in einem schrecklichen Zustand. Eigentlich müsste man es komplett sanieren, mit neuem Boden, neuen Leitungen, neuer Toilette, neuem Waschbecken, neuer Dusche und vernünftiger Dämmung von Dach und Wänden, denn der Raum ist ein schlecht isolierter Anbau. Langfristig werde ich das alles sowieso machen lassen müssen, aber im Moment fehlen mir die Mittel. Kompromisse sind nicht meins, aber in diesem Fall war es unumgänglich. Ein hässliches Bad ist dem Wohlbefinden nicht zuträglich, und dasselbe gilt für aufgeschobene Projekte des Grauens. Ich habe es endlich getan, und die Farbe, für die ich mich nach endlosem Herumgedruckse entschieden hatte und die mir nach einem Testanstrich auf einmal nach einer ganz schlechten Wahl aussah, ist richtig schön.

Ich wollte auf keinen Fall mit diesem hässlichen Raum ins neue Jahr starten. Ich musste etwas optimistisches tun, mir vorgaukeln, dass die Zukunft rosig aussieht. Mir drückt nämlich die Balkankrise aufs Gemüt. Europa und Russland werden sich praktisch offiziell im Krieg befinden, wenn es zwischen Serbien und dem Kosovo eskaliert. Was mir unvermeidbar scheint. Ich erinnere mich an die Straßenschlachten in meinem damaligen Wiener Bezirk, den man auch „kleiner Balkan“ nennt, weil dort viele Menschen leben, die während des letzten Jugoslawienkrieges nach Österreich geflüchtet sind. Der Hass zwischen den Parteien war enorm. An bestimmten Daten und bei Fußballspielen entsprechender Mannschaften fühlte es sich in der Nachbarschaft an, als hätte jemand ein Streichholz an Benzin gehalten.

Gibt es etwas frustrierenderes als Machtlosigkeit? Heute streiche ich den Eingangsbereich und so viele Türzargen, wie ich schaffe.

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