
Donnersteine auf der Fensterbank
Namentlich kann man sie leicht mit den Donnerkeilen verwechseln, aber Donnersteine sehen ganz anders aus, und man errät auch viel leichter, um was für ein Fossil es sich handelt: Es sind versteinerte Seeigel.*
Man findet die kugeligen Steine in unterschiedlichen Größen überall an der Nord- und Ostsee. Meistens sind sie hell- bis dunkelgrau mit charakteristischen Einprägungen, die den Stachelhäuter verraten, von dem sie stammen. Unsere Vorfahren wussten das aber noch nicht und erklärten sich das auffällige, fünfstrahlige Muster mit einem Blitzeinschlag. Deshalb haben Donnersteine ihren Namen von den gefürchteten Mächten der Küstengewitter, genau wie ihre Namensvetter, die Donnerkeile.
Der Volksglaube hat im Falle der Donnersteine zu einer besonderen Tradition geführt: Weil es damals schon die (irrtümliche) Annahme gab, dass der Blitz nie zweimal an derselben Stelle einschlägt, legte man sich Donnersteine aufs Fensterbrett, in der Hoffnung, das Haus damit vor einem Blitzschlag zu schützen. Logisch, oder?
Auch heute sieht man bei vielen älteren Häusern in Küstennähe immer noch ein Seeigel-Fossil auf der Fensterbank liegen. Manchmal ist das allerdings nur Zufall. Sie sind eben ein typisch maritimes Deko-Stück und hübsch anzusehen. Für die meisten Menschen ist so ein Donnerstein schlicht ein schönes Urlaubsmitbringsel. Größere Exemplare dienen dann zuhause als Briefbeschwerer, kleinere landen als Glücksbringer in der Hosentasche oder zusammen mit anderen Fundstücken in unseren Schatzkisten des Alltags.
Nicht immer ist man sich bewusst, dass diese Fossilien an ein komplexes Leben vor rund 70.000 Jahren erinnern. Meistens denkt man bei ihrem Anblick nur an selige Momente der Muße, mit den Füßen im Wasser und dem Geruch von Tang in der Nase. Auch etwas, das bleibt. Vielleicht nicht für Jahrtausende, aber manchmal doch für ein ganzes Leben.
* (Manchmal sind mit „Donnerstein“ auf versteinerte Haifischzähne gemeint. Das ist aber ein anderes Thema.)

