Donnerkeile und Teufelsfinger
Grimoire

Donnerkeile und Teufelsfinger

Über Hühnergötter habe ich schon viel geschrieben und dabei die Donnerkeile sträflich vernachlässigt. Vielleicht weil ich selbst noch nicht so viele gefunden habe, obwohl es sich ebenfalls um ein typisches Ostsee-Strandgut handelt, dem man allerlei magische Kräfte nachsagt.

Donnerkeile, auch als Teufelsfinger oder Fingersteine bekannt, sind versteinerte Innenskelette mittlerweile ausgestorbener Tintenfische. Korrekterweise müsste man sie daher Belemniten oder Belemnitenfossilien nennen. Aber die Folklore hat nun einmal mehr Phantasie (ich weiß, ich weiß: mangels Wissen) und schönere Namen als die moderne Wissenschaft. Wüsste man heute noch nicht, wie so ein ein Donnerkeil entsteht, würde man ihn wahrscheinlich nach potenziell tödlichen Schusswaffen benennen. Er sieht wie ein Projektil aus. Insofern finde ich „Teufelsfinger“ auch aus heutiger Sicht treffend.

Umso verblüffender ist es, dass Donnerkeile große Heil- und Schutzwirkung besitzen sollen oder gar als Glücksbringer gelten, die man an Ketten um den Hals trug oder in der Hosentasche bei sich hatte. Populär ist besonders der Glaube, dass ein Donnerkeil seinen Träger vor einem Hexenschuss bewahren soll. (Ich kenne zumindest eine Person, bei der dieser „Zauber“ leider versagt.) In anderen Regionen sollte der Donnerkeil vor dem bösen Blick oder Blitzeinschlag schützen. Einig war man sich zumindest darüber, woher die auffallend geformten Gebilde stammten: Sie kamen direkt aus dem Himmel, bei heftigen Unwettern, wenn die Götter (speziell der Donnergott Thor bzw. Donar) sie wütend zu Boden schleuderten.

Dass wir es heute besser wissen, ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Finder eines so interessanten Fossils ein echter Glückspilz sein muss. Donnerkeile mögen nicht viel wert sein, aber sie sind Zeugen einer längst vergangenen Zeit, Beweisstücke früheren Lebens, von dem sonst nicht mehr viel übrig ist. Wie eine dieser Zeitkapseln, die auch heute noch vergraben werden, und zwar nicht nur von Kindern. Wer findet sowas denn nicht aufregend?