Krater auf dem Mond
Grimoire

Die Narben des Mondes

Am Wochenende hatte ich seit langem mal wieder einen Traum von einem Flugzeugabsturz. Wahrscheinlich, weil ich mich so ausufernd mit der Ukraine-Krise und daher auch dem Abschuss von MH-17 beschäftigt hatte. Vielleicht lag es aber auch an der Nachricht, dass Anfang März, unmittelbar vor dem Neumond, eine Rakete auf dem Mond einschlagen soll. Ob der manövrierunfähige Flugkörper von Space X oder aus China stammt, scheint derzeit nicht geklärt, aber es spielt auch keine Rolle.

Es wäre ungleich spannender, wenn man das Ganze von der Erde aus beobachten könnte. Oder wenn man wenigstens ein bisschen was von dem Drama mitbekäme. Aber die Rakete wird auf der erdabgewandten „dunklen“ Seite des Erdtrabanten aufschlagen. Ob wir den neuen Krater zu unseren Lebzeiten noch zu sehen bekommen werden, steht in den Sternen. Warum interessiert mich die Angelegenheit dann überhaupt?

Ehrlich gesagt habe ich anlässlich dieses Events erstmals darüber nachgedacht, wie oft der Mond von Meteoriten getroffen wird. Auch für uns sichtbar. Ständig, könnte man meinen. Seine Narben zeugen davon. Da wird einem erst so richtig bewusst, was für ein Segen die Erdatmosphäre ist, die uns vor all den herum fliegenden Brocken schützt. Was für Riesendinger da verglühen und seit Beginn der Menschheitsgeschichte schon verglüht sind. Ohne dass uns beziehungsweise unseren Vorfahren die Gefahr bewusst war.



Ich bin ja selbst ein ziemlicher Schisshase und habe ein großes Talent, mir schreckliche Geschehnisse auszumalen, die mit sehr, sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit nie eintreten werden. Roaming Wild Rosie hat einen schönen Beitrag darüber geschrieben, warum man sich entgegen aller Warnungen auch als Frau trauen sollte, ganz allein auf Wanderschaft zu gehen. Einem sadistischen Psychopathen oder einer schlecht gelaunten Bärenmama zum Opfer zu fallen, ist möglich. Oder einfach nur Pech zu haben, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, der falschen Person zu begegnen. Es passiert. Bücher, Filme, Zeitungen und Dokus sind voll davon. Aber die Wahrscheinlichkeit ist gering. Viel geringer, als an einer besonders brutalen Krebsart oder bei einem haarsträubenden Verkehrsunfall zu sterben.

Wir (damit meine ich Schisshasen und Pessimisten wie mich) unterschätzen das Glück. Das Glück, das uns vielleicht schon ganz oft haarscharf an einer Katastrophe vorbei schrammen ließ. Vielleicht ohne dass wir je davon erfahren. Vielleicht saßen wir im Zug neben einem Massenmörder. Oder wir entschieden uns spontan gegen eine Reiseroute, auf der später ein Erdrutsch zu Boden ging oder ein LKW in den Gegenverkehr geriet. Vielleicht schwamm ein Weißer Hai unbemerkt an uns vorbei, während wir vergnügt im flachen Wasser plantschten wie eine verletzte Robbe. Und wie oft kommen wir mit einer Schramme oder blauen Flecken davon. Wie oft vergisst man, dass man gar nicht so schnell kaputt zu kriegen ist. Der Mond hat jedenfalls schon ordentlich was abgekriegt. Aber für mich sieht er immer noch genauso aus wie früher. Dasselbe Gesicht hat mich schon als Kind angeleuchtet. Stimmt so nicht. Doch genau das habe ich gedacht, als er heute Morgen bei der Gassirunde auf einmal fast voll in einem Riss der Wolkendecke auftauchte.

Danke an die NASA für das Foto

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