
Das andere Meerschweinchen
Wenn man in Deutschland von Meerschweinchen spricht, meint man damit normalerweise putzige kleine Nagetiere, die oft als Haustiere gehalten werden. Es gibt sie mit langem oder kurzem Fell in den verschiedensten Farben. In Dänemark ist ein Meerschwein („Marsvin“) aber etwas ganz anderes, nämlich ein in der Nord- und Ostsee heimischer kleiner Wal. Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena) ist aktuell Tier des Jahres, denn seine Bestände gehen dramatisch zurück.
Ich habe bisher nur einmal einen Schweinswal gesehen. Einen toten, in Nyborg am Strand. Von weitem hielt ich ihn für eine Robbe, und dann, als ich ihn aus der Nähe sah, für einen Babydelfin. Denn Meerschweinchen sind wirklich klein. Als maximale Größe wird eine Körperlänge von 1,85 m angegeben, aber meistens sind Gewöhnliche Schweinswale nur etwas mehr als einen bis anderthalb Meter groß. Ich finde sie deshalb extrem niedlich. Etwas, das wie ein kleiner Delfin aussieht, muss einfach niedlich sein.
Natürlich ist die Ähnlichkeit mit den größeren Verwandten dann doch nicht ganz so groß. Meerschweinchen haben einen sehr dunklen Rücken, einen fast weißen Bauch und eine ganz kurze Schnauze. Aber wann sieht man in unseren heimischen Gewässern schon einmal einen Delfin? Dagegen ist die Chance einer Meerschweinchen-Sichtung – noch – relativ hoch, wenn man Geduld mitbringt und einen speziellen Guide bucht. Im Kleinen Belt werden regelmäßig Walbeobachtungsfahrten angeboten, und im Seglerparadies der dänischen Südsee hat fast jeder Skipper schon einmal ein Meerschweinchen entdeckt.
Aber, wie eingangs erwähnt, das Marsvin wird immer seltener. Schiffsschrauben, Gifteinleitungen ins Meer und die allgegenwärtigen Fischernetze (und Geisternetze!) führen dazu, dass viele der süßen Mini-Wale, die wie Schweine im Meeresboden nach Nahrung wühlen, gar nicht erst erwachsen werden. Obwohl die Tiere streng geschützt sind. Ich hoffe jedenfalls, dass ich nochmal eines zu sehen bekomme, und zwar diesmal ein quicklebendiges.

