Bone pointing
Grimoire

Avada Kedavra oder Tod durch Hoffnungslosigkeit

Immer, wenn Gegner alternativer Heilmethoden mit dem „höchstens Placebo-Effekt!“-Argument daher kommen, muss ich mich wundern. Als wäre die Wirkung eines Placebos keine Wirkung. Viele sind offenbar außerdem der Ansicht, dass ein Placebo – wenn überhaupt – höchstens bei Kleinigkeiten erfolgreich zum Einsatz kommen könnte.

Ich möchte nicht schon wieder das abgedroschene Sprichwort vom Berge versetzenden Glauben bedienen. Stattdessen schreibe ich heute mal über Voodoo Death und Bone pointing. Keine Beispiele für gelungene Placebo-Anwendungen, sondern für psychogene Todesfälle, zum Beispiel durch Rituale. Wenn der reine Glaube einen Menschen töten kann, wieso sollte das Prinzip andersherum weniger wirkungsvoll sein?

Bone pointing kann man als den real existierenden Avada Kedavra-Fluch des Harry Potter Universums betrachten. Ein Schamane zeigt dabei mit einem speziell präparierten Knochen (manchmal auch einem Stück Holz) auf sein Opfer, das dann innerhalb weniger Tage stirbt. Bei einigen Stämmen der Aborigines war Bone pointing lange Zeit als Hinrichtungsmethode gebräuchlich und äußerst effektiv. Die Todesursache in solchen Fällen: „Voodoo Death“ (den Begriff prägte der Physiologe Walter B. Cannon) oder auch psychogener beziehungsweise psychosomatischer Tod. Die Opfer sind so erschüttert, von einem todbringenden Fluch getroffen zu sein, dass sie tatsächlich sterben. Schock, verrückt spielende Stresshormone, Hoffnungslosigkeit, Appetitverlust durch Angst, Lungenentzündug wegen panikinduzierter Unfähigkeit, sich zu versorgen – es wird angenommen, dass ein individueller Mix aus verschiedenen, psychisch bedingten Ingredienzen für die fatale Wirkung von Bone pointing verantwortlich ist. Fest steht nur, dass es sie gibt. Kein Gift kommt dabei zum Einsatz und auch keine Waffe. Krank war das Opfer zuvor auch nicht.


The expectation that death would result from having a bone pointed at a victim is not without foundation. Other similar rituals that cause death have been recorded around the world. Victims become listless and apathetic, usually refusing food or water with death often occurring within days of being „cursed“. When victims survive, it is assumed that the ritual was faulty in its execution. The phenomenon is recognized as psychosomatic in that death is caused by an emotional response—often fear—to some suggested outside force and is known as „voodoo death“. As this term refers to a specific religion, the medical establishment has suggested that „self-willed death“, or „bone-pointing syndrome“ is more appropriate. In Australia, the practice is still common enough that hospitals and nursing staff are trained to manage illness caused by „bad spirits“ and bone pointing.
– Wikipedia


Man kann sich zweifellos zu Tode fürchten, und längst nicht immer ist in solchen Fällen ein plötzlicher Herzstillstand schuld. Interessant ist in dem Zusammenhang auch, dass es in Deutschland eine wachsende Zahl Patienten gibt, die unter PNES leiden. Diese organisch vollkommen gesunden Menschen verlieren unter Stress oder psychischem Druck plötzlich die Kontrolle über ihren Körper, werden bewusstlos, entleeren spontan ihre Blase oder ihren Darm, oder sie haben einen Krampfanfall, ähnlich einem epileptischen Anfall. Diese psychisch bedingten, nicht-epileptischen Anfälle können durchaus lebensgefährlich werden, zum Beispiel wenn sie im Straßenverkehr passieren. Ich selbst hatte als Kind einmal einen sogenannten tetanischen Anfall, der mich lähmte und schließlich meine Atmung einschränkte. Ich hatte mich in den Gedanken hineingesteigert, zu sterben oder verrückt zu werden – bis es tatsächlich gefährlich wurde.

Es gibt außerdem die Theorie, dass sich der Gesundheitszustand von Patienten, die eine Krebsdiagnose erhalten, oft allein durch diese Nachricht so verschlechtert, dass die Heilungschancen davon negativ beeinflusst werden. Einen solchen Fall zitiert Nigel Barber in Psychology Today: Voodoo Death I – Hex death is not restricted to tribal societies — it may visit hospitals.

Ich bin überzeugt, dass Hoffnung über Leben und Tod entscheiden kann. Dieses unsichtbare Stöffchen lässt sich natürlich in keinem Medikament nachweisen. Ebensowenig wird man Hoffnungslosigkeit bei einer Autopsie im Körper eines Toten finden. Doch die Evidenz ist gegeben. Ich finde es verantwortungslos, wenn moderne Mediziner das schlichtweg ignorieren.

Bild: Men using a pointing bone, Aluridja people, Australia. (cropped) https://wellcomecollection.org/works/pakp4mbj | CC-BY-4.0

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