Blick von Ommel nach Halmø
Grimoire

Auf Halmø brennt Licht

In Ommel stehen die Straßenlaternen sehr weit auseinander. Eine ist direkt vor meinem Haus, deshalb kommt es mir immer hell erleuchtet vor. Aber wenn ich mitten in der Nacht durch das Dorf spaziere und es keine beleuchteten Fenster mehr gibt, herrscht eine Finsternis, die mich an die Gegend um den Ernstbrunner Wald erinnert. Es ist stockdunkel und der Sternenhimmel atemberaubend.

Auf Ærø ist die Lichtverschmutzung noch geringer als im österreichischen Weinviertel. Wenn ich hier nachts nach oben schaue, kommt das fast an das unglaubliche Firmament über der Ägäis heran. Nirgends sonst habe ich in kürzester Zeit so viele Sternschnuppen gesehen wie dort. Man konnte sie kaum zählen. 30 Jahre später, in Dänemark, sehe ich vor allem Satelliten, die sich langsam über den Nachthimmel bewegen. Wie viel unromantischer das ist! Zumindest die nähere Umgebung der Erde wurde in nur drei Dekaden ein Stück weit entzaubert. Jetzt kreist dort oben ein Haufen Technologie. Und menschgemachter Schrott.

Einmal mehr wird mir bewusst, in welch kurzer Zeit weitreichende Veränderungen vor sich gehen können. Wenn ich abends am Strand stehe, sehe ich Licht auf Halmø. Die knapp zwei Kilometer lange und weniger als 400 Meter breite Insel, die Ommels nördlichem Hafen gegenüber liegt, ist seit den späten 70er Jahren unbewohnt. Man kann aber von Ommel aus die Anlegestelle und ein großes, reetgedecktes Haus mit einigen Nebengebäuden erkennen. Im Haus sind in letzter Zeit abends und morgens oft Lampen an. Vor wenigen Wochen fuhr jemand beim Anleger Wasserski. Ich habe versucht herauszubekommen, ob das Haus dort ein Ferienhaus ist und man es für ein paar Nächte mieten kann. Jetzt habe ich erfahren, dass die gesamte Insel Ende letzten Jahres verkauft wurde. Ein reicher Mensch hat 9.780.000,- Dänische Kronen für das Eiland bezahlt. Das sind umgerechnet etwa 1.315.198,- Euro. Zweifellos eine Stange Geld. Doch für eine komplette Insel samt großem, voll erschlossenem Haus und Bootsanleger finde ich den Preis erstaunlich gering.

Aus einem Artikel, der über den Verkauf der Insel berichtet, geht hervor, dass Halmø das letzte Mal vor fast 50 Jahren den Besitzer wechselte. Im Jahr 1973 wurde die Insel für ein Zehntel des heutigen Preises verkauft. Für knapp 130.000,- Euro. Das ist nicht viel mehr, als ich für mein kleines, sanierungsbedürftiges und auch schon über hundert Jahre altes Häuschen in Ommel bezahlt habe. Ohne Meerblick, Privatstrände, Bootsanleger und 45 Hektar Land inklusive altem Baumbestand. Wenn ich mir das vor Augen führe, finde ich die Welt einmal mehr verrückt. Existenzielle Dinge wie Wohnraum sollten keinen Preisentwicklungen derlei Ausmaßes unterliegen. Selbst wenn man Inflation & Co. berücksichtigt.

Dieser Gedanke ist natürlich realitätsfern. Werte ändern sich mit den Zeiten. Auf Halmø wurde zwar weder Gold noch Erdöl gefunden. Aber dafür Ruhe. Und Privatsphäre. Der neue heiße Scheiß.

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