
An die Nieren
Seit dem Wochenende ging es Gandalf dreckig, aber was wirklich mit ihm los war, ist erst seit heute Morgen gänzlich geklärt. Er hatte eine Nierenbeckenentzündung und in der Folge haben seine Nieren kapituliert. Also alles andere als eine Kleinigkeit, und jetzt bleibt zu hoffen, dass keine Langzeitschäden entstanden sind.
Beim Notdienst in der Tierklinik am Sonntagmorgen wurden ihm Hustensaft und Magenschoner verschrieben, und erst unserer Haus-Tierärztin ist es dann Schritt für Schritt gelungen, der Sache auf den Grund zu gehen. Der letzte Schlüssel nach den Blutwerten war natürlich die Urinprobe. Wer selbst schon einmal Pipi von seinem Haustier abliefern musste, wird wissen, dass das nicht immer einfach ist.
Gandalf, der sowieso zappelig und schreckhaft ist, hat es mir wirklich schwer gemacht, die nötige Menge einzutüten. Am Ende unserer Gassirunde war er so verstört von meinen Versuchen, im richtigen Moment blitzartig eine Suppenkelle irgendwo schräg unter ihm zu positionieren, dass er gar nicht mehr pinkeln wollte. Die Aktion erinnerte mich sehr an die Zeit, als für eine Oxytocin-Studie bei den Wölfen des WSC Urinproben gesammelt werden mussten. Wölfe sind bei Weitem noch schreckhafter als der zappelige Gandalf. Vor allem ihnen fremde Gegenstände sind Teufelszeug, und die an Teleskopstöcken befestigten Messbecher waren für die meisten der Tiere einfach nur gruselig.
Kenai, ein Hudson-Bay Wolf, hat besonders heftig auf das eigentlich unscheinbare Ding reagiert. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin, die er schon seit Welpentagen kannte und mochte, und die versucht hatte, ihm den Pipisammler unterzuschieben, während eine der Trainerinnen mit ihm im Wildpark Gassi ging, wurde zur absoluten Persona non grata. Wenn sie nur an Kenais Gehege vorbei ging, gab er seinem abgrundtiefen Hass sehr deutlich Ausdruck, was einerseits sehr amüsant, aber andererseits auch etwas unheimlich mit anzusehen war, vor allem für Besucher. Schlussendlich wurde die Strategie, an Wolfspipi zu kommen, auch gänzlich neu erdacht, aber das zu erklären, führt hier zu weit.
Zum Glück ist es ja auch nicht bei allen Tieren so kompliziert. Bei meiner ersten Hündin war es zum Beispiel überhaupt kein Problem. Und manche Tiere geben quasi auf Knopfdruck Urin ab. Ziegen und Schafen braucht man nur die Nase zuzuhalten, und schon läuft es. Auch bei Pferden gibt es einen Trick. Nach ein bisschen Bewegung bringt man sie einfach in eine Box mit schön frischem Stroh. Dann spenden sie sogleich die gewünschte Flüssigkeit in mehr als ausreichender Menge.
Von Gandalf brauche ich in der nächsten Zeit zu Kontrollzwecken noch öfter Pipi, doch wirklich einfacher wird das vermutlich auch zukünftig nicht. Aber jetzt bin ich erstmal sehr froh, dass es ihm wieder besser geht. Mir ist die ganze Sache nämlich auch an die Nieren gegangen.

