
1. September, 11:00 Uhr
Auch wenn J.K. Rowling in diesem Jahr den einen oder anderen Fan verprellt hat, werden sich heute wieder Unzählige in den Hogwarts Express drängen. Denn ein neues Schuljahr beginnt. Ein Livestream ab 10:30 Unr (BST) versüßt allen Harry Potter Nostalgikern die Wartezeit auf diverse, feierliche Online-Events.
Seit mein Hund den Namen eines Neben-Charakters aus den Romanen um den Zauberschüler trägt, wird mir immer wieder bewusst, dass viel weniger Menschen die Bücher gelesen oder die Filme gesehen haben, als ich dachte. So etwas macht einem bewusst, wie sehr man sich irren kann, wenn man objektive Relevanz aus subjektiver Sicht einschätzt. Wie verblendet man doch ist, wenn man sich für etwas begeistert. Wie leicht man sich in eine Blase aus Gleichgesinnten begibt, und alles außerhalb verblasst. Mir geht das generell so, wenn es um das Lesen geht. Es fällt mir ausgesprochen schwer, mir ein Leben ohne Bücher vorzustellen. Menschen, die nicht lesen, sind mir nicht geheuer. Und ich bin sehr dankbar, dass ich mit Büchern aufwachsen durfte. Mit Unmengen verschiedenster Bücher. Was für ein Luxus.
Ich habe auch miterlebt, wie meinen beiden Eltern die Fähigkeit des Lesens entglitt. Demenz, Probleme mit den Augen und der Konzentrationsfähigkeit. Selbst Hörbücher waren irgendwann nicht mehr möglich. Meine Mutter hat Harry Potter nie kennen gelernt. Sie hätte Hogwarts geliebt.
Es gibt Wichtigeres im Leben. Selbstbestimmtheit. Bewegungsfreiheit. Keine Schmerzen zu haben. Aber ich gebe zu, dass es mir große Angst macht, irgendwann nicht mehr lesen zu können. Ich weiß, dass mein Vater jetzt von all den Büchern zehrt, die er in seinem Leben gelesen hat. Sein Hirn ist proppenvoll mit Geschichten, und das erleichtert ihm seinen Zustand.
Wahrscheinlich sind unsere Gehirne bald fleischgewordene Kindles und Tolinos, wie in der Matrix. Nicht die schlechteste Vorstellung für mich.
Danke für das Foto, K B

